Im Auftrag der ProWein hat die Hochschule Geisenheim Ende 2021 zum fünften Mal Experten der gesamten Wertschöpfungskette der Weinbranche aus 48 Ländern befragt. Unter den Teilnehmern sind Weinproduzenten der wichtigsten Weinbauländer der alten und neuen Welt, Exporteure, Importeure, Weinfachhändler sowie Vertreter aus Gastronomie und Hotellerie.
Der Bericht setzt die einzigartige Zeitreihe des ProWein Marktbarometers der internationalen Weinbranche seit 2017 fort und misst die Bedeutung der Herausforderungen, vor denen die Branche nach zwei Jahren Pandemie steht.
Der thematische Fokus des aktuellen ProWein Business Reports liegt auf der Bedeutung und der Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Weinbranche. Er untersucht, ob die Nachhaltigkeit während der Pandemie an Wichtigkeit verloren hat und welche konkreten Maßnahmen zur Nachhaltigkeit der Weinsektor bereits umgesetzt hat. Der ProWein Business Report ist die international erste Untersuchung, die Brancheneinschätzungen zu ökologisch und nachhaltig zertifiziertem Weinbau vereint. Er geht insbesondere der Frage nach, wie Nachhaltigkeit am effektivsten an die Verbraucher kommuniziert werden kann. „Die besondere Bedeutung der Nachhaltigkeit für die Weinbranche zeigt sich an der sehr hohen Beteiligungsquote von fast 3.000 internationalen Experten“, unterstreicht Prof. Simone Loose, Leiterin des Institutes für Wein- und Getränkewirtschaft der Hochschule Geisenheim. „Die Branche steht vor der Herausforderung, sich an den Klimawandel anzupassen und gleichzeitig ökologischer und nachhaltiger zu werden sowie den Kunden davon glaubhaft zu überzeugen. Dies wird nur möglich sein, wenn die Branche ihre Kräfte vereint und Weinproduzenten sowie Weinhandel und Gastronomie Nachhaltigkeit glaubwürdig umsetzen und kommunizieren können.“
THEMA 1
Die Stimmung in der Branche
Die aktuelle wirtschaftliche Lage der Weinbranche ist besser als im ersten Jahr der Pandemie erwartet.
Der internationale Weinhandel hat sich deutlich erholt und die Branche blickt optimistisch in die Zeit nach Covid-19.
Die Störung der Lieferketten und die Kostensteigerungen sind aktuell die größten Herausforderungen.
Eine starke oder sehr starke Bedrohung für sechs von zehn Weinproduzenten ist der Klimawandel.
Ökonomische Lage erholt und besser als erwartet
„Die erwartete weitere Verschlechterung der ökonomischen Lage ist nicht eingetreten – dem Weinsektor geht es im Jahr 2021 besser als in 2020.“
Seit 2017 misst der ProWein Business Report die aktuelle ökonomische Lage und die wirtschaftlichen Erwartungen der Weinbranche. Im ersten Pandemiejahr 2020 hatte die Branche noch sehr pessimistisch in die Zukunft geschaut. Entgegen der Erwartungen brachte das Jahr 2021 jedoch eine deutliche Erholung des Weinhandels - die gute wirtschaftliche Lage von vor der Pandemie wurde allerdings noch nicht wieder erreicht. Die Erwartungen für das Jahr 2022 sind verhalten positiv. Insbesondere spanische und italienische Weinproduzenten gehen zuversichtlich von einem weiteren Anstieg der Weinnachfrage nach der Pandemie aus. Durch die spätfrostbedingt hohen Ernteeinbußen sind französische Produzenten etwas weniger optimistisch, während deutsche Produzenten generell zurückhaltender sind. Der Weinhandel und die Gastronomie erwarten für 2022 eine zu 2021 wenig veränderte Lage.
Grafik Chart: 1_small_recovery
Aktuelle Herausforderungen der Weinbranche
„Die Überlastung der Lieferketten und den Anstieg der Preise sind akut die wichtigsten Herausforderungen der Branche.“
Die global gleichzeitige wirtschaftliche Erholung nach der Covid-19 Krise führt zu starken Kostensteigerungen für Energie, Rohstoffe und Transport sowie zu starken Verzögerungen im weltweiten Warentransport und damit auch für Wein. Die Kostensteigerungen bedrohen die Profitabilität internationaler Weintransaktionen und Lieferengpässe verzögern geplante Produkteinführungen. Die Weinbranche steht vor der Herausforderung, die Kostensteigerungen einzupreisen und in der Lieferkette weiterzugeben. Weil das Budget der Verbraucher in der inflationären Lage insgesamt deutlich stärker belastet ist, sorgt sich die Branche um die Reaktion der Weinkonsumenten auf die Preissteigerungen. Es ist deshalb ungewiss, wie stark der gegenwärtige Trend der Premiumisierung bei Wein auch in naher Zukunft fortgesetzt werden kann.
„Hotels und Restaurants sowie der Weinfachhandel leiden noch unter den durch Covid-19 verursachten Absatzbeschränkungen.“
Für den Weinhandel stellt Covid-19 nach wie vor eine Einschränkung dar. Die Pandemiefolgen stehen an dritter Stelle der aktuellen Herausforderungen. Nach einer ersten Erholung im Sommer 2021 haben die neuen Covid-Varianten den Tourismus und das Veranstaltungsgeschäft weltweit wieder stark eingeschränkt. Auch wenn für den Sommer 2022 Hoffnung auf eine deutliche Besserung und Normalisierung besteht, ist noch unsicher, wie die neue Normalität des gesellschaftlichen Lebens nach der Pandemie aussehen wird. Der Weinhandel und die Gastronomie nehmen die Auswirkungen des Klimawandels und der ökologischen Regulierung bisher weniger stark wahr, als die Produzenten. Damit einher geht ein geringeres Bewusstsein des Weinhandels für Fragen der Nachhaltigkeit und eine geringere Bereitschaft, nachhaltige Produkte preislich zu honorieren und an die Konsumenten zu kommunizieren.
Grafik Chart: 2_challenges
„Der Klimawandel und die strengere ökologische Regulierung stellen die Weinproduzenten bei gleichzeitig geringer Profitabilität vor große Herausforderungen.“
Die Pandemie und der weniger extreme letzte Sommer haben die öffentliche Wahrnehmung des Klimawandels abgeschwächt. Der Prozess des Klimawandels ist jedoch ungebrochen und stellt auch in der aktuellen Befragung für sechs von zehn Weinproduzenten eine starke oder sehr starke Bedrohung dar und macht kostspielige Anpassungsmaßnahmen notwendig. Gleichzeitig stehen die Weinproduzenten vor der Herausforderung, der zunehmenden ökologischen Regulierung durch Investitionen gerecht zu werden. Bei der geringen Profitabilität der meisten Weinproduzenten ist die Bewältigung der ökologischen Herausforderungen vor allem für viele kleinere Betriebe eine wirtschaftliche Belastung und wird den Konzentrationsprozess weiter beschleunigen.
Für die Weinproduzenten ist die Zahl der Herausforderungen durch die Kostensteigerungen insgesamt weiter gestiegen. In Frankreich und Deutschland wird die europäische Gesundheitspolitik zur Reduktion des Alkoholkonsums besonders stark wahrgenommen. Produzenten in Ländern der neuen Welt, den USA, Australien und Südafrika, nehmen vor allem den internationalen Handelskrieg sowie den Wettbewerb durch andere Getränke (Hard Seltzer, Craft Beer) und die Legalisierung von Cannabis als Herausforderungen wahr.
THEMA 2:
Ökologischer Weinbau und Nachhaltigkeit
Die Bedeutung der Nachhaltigkeit ist ungebrochen hoch und die Akteure setzen aktiv Maßnahmen zu deren Verbesserung um.
Die Anforderungen für zertifiziert ökologischen Weinbau sollte aus Sicht der Branche in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickelt werden.
Die Branche fordert einen einheitlichen, starken und glaubwürdigen Standard zur Nachhaltigkeit.
Ökologischer Weinbau als Wegbereiter der Nachhaltigkeit
„Es gibt bereits eine hohe Verbreitung des ökologisch zertifizierten Weinbaus mit klimatisch bedingten starken regionalen Unterschieden.“
Der ökologische zertifizierte Weinbau hat eine lange Tradition und regelt im Kern den Einsatz nicht-synthetischer Stoffe für den Pflanzenschutz und die Düngung der Reben. Der Green Deal der Europäischen Kommission hat zum Ziel, zur Steigerung der Nachhaltigkeit ein Viertel der europäischen Rebfläche ökologisch zertifiziert zu bewirtschaften. Dadurch ist in der Weinbranche die Diskussion entbrannt, wie nachhaltig ökologischer Weinbau tatsächlich ist.
Die an der Befragung teilnehmenden Branchenführer sind im Vergleich zum Branchendurchschnitt deutlich häufiger ökologisch zertifiziert, die Werte sind nicht repräsentativ für die Weinbauländer. Durch den klimatischen Vorteil trockener, mediterraner Sommer ist der ökologische Weinbau in Spanien und Italien am stärksten verbreitet, 61% bzw. 52% der an der Befragung teilnehmenden Branchenführer sind ökologisch zertifiziert und nur wenige können sich eine zukünftige Umstellung nicht vorstellen.
Durch das feucht-kühle Klima, das Pilzkrankheiten der Reben fördert, sind nur 21% der deutschen Befragungsteilnehmer ökologisch zertifiziert und die Mehrheit der Winzer aus Deutschland und der neuen Welt kann sich eine Umstellung auch in Zukunft nicht vorstellen.
Grafik Chart: 3_organic
„Die Zukunftsaussichten beim Weinfachhandel und der Gastronomie sind positiv aber leider auch eingetrübt durch fehlende Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für ökologischen Wein.“
Die Mehrheit der Weinfachhändler (78%), Hoteliers (77%) und Gastronomen (72%) geht davon aus, dass die ökologische Weinproduktion in Zukunft weiter steigen wird. Die Zuversicht ist am größten bei Vertretern der Handelsseite in Skandinavien, Belgien, Luxemburg sowie in Frankreich und Italien. Diese Länder beobachten zum Teil auch eine aktive Nachfrage der Konsumenten nach ökologischem Wein. Weinhändler in den Niederlanden, in Deutschland und Osteuropa berichten dagegen von einer geringeren Nachfrage der Konsumenten und von einer fehlenden Zahlungsbereitschaft für ökologischen Wein und sind deshalb weniger optimistisch zum Zuwachs ökologischen Weins. Für die Handelsseite stehen die fehlende Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für ökologischen Wein und die Zertifizierungskosten an erster Stelle der Ablehnungsgründe einer Zertifizierung. Nur ein Drittel von Handel und Gastronomie erwartet, dass die EU ihr Ziel von 25% ökologischer Rebfläche erreichen wird.
„Die Branche fordert die Weiterentwicklung des ökologischen Weinbaus hin zu ökologischer Nachhaltigkeit.“
Das ökonomische Risiko und die Verwendung von Kupfer für den Pflanzenschutz sind aus Sicht der Winzer die beiden wesentlichen Gründe gegen eine ökologische Zertifizierung. Die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit des ökologischen Weinbaus wird von den Winzern als eher kritisch gesehen. Insgesamt ist nur die Hälfte der Ansicht, dass ökologischer Weinbau ökologisch nachhaltig ist. In Spanien ist die Zustimmung mit 82% am höchsten, während deutsche Winzer wegen des häufigen notwendigen Pflanzenschutzes mit nur 41% am kritischsten sind. Die ökonomische Nachhaltigkeit des ökologischen Weinbaus wird noch weniger positiv eingeschätzt. Nur 30% der deutschen Winzer, 40% der Winzer in Frankreich und Italien sowie 58% der Winzer in Spanien, sind der Meinung, dass ökologischer Weinbau langfristig ökonomisch tragfähig ist. Eine höhere Zahlungsbereitschaft der Konsumenten wäre eine wichtige Voraussetzung dafür, die höheren Kosten der ökologischen Weinproduktion in klimatisch nicht idealen Anbauregionen zu decken.
Grafik Chart: 5_organic_rules
Die überwiegende Mehrheit der Branche fordert die Weiterentwicklung der Regeln des ökologischen Weinbaus, um sie in Einklang zu bringen mit dem umfassenderen Konzept der ökologischen Nachhaltigkeit. Diese Forderung wird von allen Weinbauländern gleichermaßen geteilt, jeweils 8 von 10 Produzenten stimmen einer notwendigen Weiterentwicklung zu. Der Weinhandel und die Gastronomie hat generell einen etwas weniger detaillieren Einblick in die Produktionsbedingungen des ökologischen Weinbaus. Dennoch steht er der Frage der Nachhaltigkeit des ökologischen Weinbaus kaum weniger kritisch gegenüber: 7 von 10 Vertretern des Weinhandels und der Gastronomie fordern eine Weiterentwicklung des ökologischen Weinbaus in Richtung Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit ist unverändert wichtig für die Weinbranche und wird in konkreten Maßnahmen umgesetzt
„Die Pandemie hat die Bedeutung der Nachhaltigkeit für die Weinbranche nicht geschwächt – die ökonomische Nachhaltigkeit ist am wichtigsten.“
Zu Beginn der Pandemie hatten die Branchenexperten im letzten ProWein Business Report befürchtet, dass die Herausforderungen von Covid-19 das Bestreben der Branche nach Nachhaltigkeit einschränken wird. Das hat sich zum Glück nicht bestätigt. Im Vergleich zu 2019 wird die Nachhaltigkeit aus Sicht der Branche als unverändert wichtig angesehen.
Von den drei Säulen der Nachhaltigkeit ist die ökonomische Säule des langfristigen Überlebens der Unternehmen aus Sicht der Weinbranche die wichtigste Dimension der Nachhaltigkeit. Nur ökonomisch überlebensfähige und erfolgreiche Unternehmen können in ökologische und soziale Nachhaltigkeit investieren.
„Die Neue Welt und Frankreich führen bei Nachhaltigkeit der Produzenten.“
Als neueres Konzept ist die Zertifizierung von Nachhaltigkeit noch nicht so stark verbreitet, wie der ökologischer Weinbau. Es führen die neue Welt und Frankreich, wo ungefähr die Hälfte der an der Befragung teilnehmenden Winzer schon nachhaltig zertifiziert sind. In Spanien, Italien, Portugal, Österreich und Griechenland erwägen 40-50% der Befragten eine zukünftige nachhaltige Zertifizierung. Von den größeren Unternehmen der Genossenschaften und Kellereien sind aktuell schon ein Drittel nachhaltig zertifiziert oder befinden sich im Zertifizierungsprozess. Bei den kleinen Weingütern ist die Bereitschaft noch deutlich geringer. In Deutschland, wo auch viele kleine Betriebe an der Befragung teilgenommen haben, können sich die meisten Betriebe eine nachhaltige Zertifizierung bisher noch nicht vorstellen.
Beim Weinhandel und in der Gastronomie ist das Bewusstsein für nachhaltige Zertifizierung bisher am geringsten ausgeprägt. Schweden und Finnland, wo bereits mehr als 30% der Unternehmen nachhaltig zertifiziert sind, führen auf der Handelsseite mit weitem Abstand vor Norwegen (27%), Frankreich (21%) und Österreich (16%). In Zentraleuropa ist bisher jeder zehnte der befragten Weinländer und Gastronomen nachhaltig zertifiziert: Dänemark (11%), Belgien (9%), Niederlande (8%) und Deutschland (7%).
Grafik Chart: 4_ecological_actions
„Es gibt bereits zahlreiche konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit im Weinbau.“
Die befragten Winzer gaben an, vor allem Maßnahmen zur ökologischen Nachhaltigkeit durchgeführt zu haben. Insgesamt zwei Drittel der befragten weinbaulichen Betriebe hat die Verwendung von Herbiziden reduziert (Frankreich und Österreich führen mit 80% vor Spanien 74%) und aktiv Maßnahmen zur Steigerung der Biodiversität ergriffen (USA 78%, Frankreich 72%, Deutschland 61%). Insgesamt die Hälfte der Betriebe hat den Einsatz von Pestiziden verringert (Neuseeland 100%, USA 90%, Frankreich 80%, Spanien 70%) und knapp jeder Dritte Betrieb hat weniger Wasser verwendet (Südafrika 90%, Neuseeland 50%, Portugal 40%). Durch die hohen Investitionskosten ist der Einsatz von digitaler Technik zum optimalen Einsatz von Wasser, Düngung und Herbiziden bisher kaum verbreitet. Die Länder der neuen Welt (Australien 50%, USA 33% und Südafrika 33%) führen hier vor den Ländern der alten Welt (Spanien und Italien 22%, Frankreich und Portugal 17%, Deutschland 11%).
„Auch Weinhandel und Gastronomie setzen auf konkrete Maßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit, allerdings ist die Unterstützung der Produzenten durch Listung und Vermarktung noch ausbaufähig.“
Die Weinfachhändler und Gastronomen haben ihre Maßnahmen bisher vor allem auf Einsparungen von Ressourcen fokussiert. Dazu gehören die Einsparung von Papier durch Digitalisierung durch jedes zweite Unternehmen, die Vermeidung von Abfall (Norwegen und Portugal 50%; Finnland, Schweden und Spanien 45%), die Reduktion von Energie (Schweden 43%, Finnland 35%, Deutschland 28%, Belgien 26%), die Optimierung der Lieferkette zur CO2-Reduzierung (Luxembourg 45%, Norwegen 36%, Schweden 32%) und der Wechsel zu einem CO2-neutralen Energielieferanten (Schweden 25%, Italien und Belgien 24%, Österreich 18%).
Darüber hinaus kommt den Weinhändlern und der Gastronomie eine ganz wesentliche Rolle zu bei der Listung, Vermarktung und Kommunikation nachhaltiger Produkte an die Konsumenten. Bisher gibt ein Großteil der Handelsseite vor allem an, ökologisch oder nachhaltig zertifizierte Weine als Teil ihres Portfolios zu vermarkten (Schweden 67% der Händler, Frankreich 60%, Finnland 57%, Polen und Luxemburg 55%, UK 52%, Italien 47%). Während bereits jeder vierte Weinhersteller angibt, alternative Weinverpackungen zu nutzen, so hat insgesamt erst jeder zehnte Weinfachhändler und Gastronom diese zur Vermarktung gelistet. Dabei gibt es regional große Unterschiede mit klarer Führung durch die Monopolländer im Norden (Schweden 57%, Finnland 48%, Norwegen 43%, Kanada 30%, UK 24%, Frankreich 20%, Deutschland 4%). Da die Herstellung und der Transport der Glasflaschen für ein Drittel bis die Hälfte der CO2-Emmissionen verantwortlich sind, besteht hier das größte Potential in der Verantwortung der Handelsseite, nachhaltige Produkte stärker zu unterstützen.
Einheitlicher, glaubwürdiger Standard der Nachhaltigkeit gefordert
„Die Branche fordert einen einzigen glaubwürdigen Standard!“
Die Branche ist sich einig darin, dass Konsumenten die Vielzahl von ökologischen und nachhaltigen Zertifizierungen nicht verstehen und differenzieren können. Acht von zehn Branchenexperten fordern einen einzigen starken Nachhaltigkeitsstandard, der gemeinsam an die Konsumenten kommuniziert werden kann.
Grafik Chart: 6_one_standard
Als wichtigste Anforderung an die Zertifizierer der Nachhaltigkeit nennt die Branche die Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit und kritische Kontrolle der bei der Zertifizierung eingereichten Informationen. An zweiter Stelle folgen die Beratung und Vorschläge, wie die Nachhaltigkeit des Betriebs konkret verbessert werden kann. Zertifizierer sollten aus Sicht der Befragungsteilnehmer auch Forschung in nachhaltigere Maßnahmen unterstützen und ein Netzwerk zum Austausch der Betriebe über Best-Practice Ideen aufbauen.
Die Motivation der Produzenten und Händler für eine nachhaltige Zertifizierung ist an erster Stelle von der eigenen Überzeugung und dem persönlichen Interesse an Nachhaltigkeit als ganzheitlichem System getrieben. Dieses Interesse der Unternehmen gilt es durch gezielte Informationen weiter zu steigern. Die ungenaue Definition von Nachhaltigkeit und die Gefahr für Greenwashing wird als größtes Hindernis für eine Zertifizierung angegeben, gefolgt von der fehlenden Zahlungsbereitschaft der Konsumenten und zu hohen Zertifizierungskosten.
„Zertifizierung als ein gemeinsamer Weg mit politischer Regulierung gefordert.“
Mit 8 von 10 Unternehmen ist sich die absolute Mehrheit der Branchenexperten bewusst, dass die Weinbranche noch deutlichen Verbesserungsbedarf in der Nachhaltigkeit hat. Jeder zweite Befragte sieht dafür staatliche verbindliche Vorschriften (wie das Verbot von Herbiziden) als wirksamer an, als freiwillige Verpflichtungen der Organisationen zur Nachhaltigkeit. Vor allem diejenigen Unternehmen, die bereits nachhaltig zertifiziert sind oder sich im Prozess der Zertifizierung befinden, fordern zusätzliche staatliche Regeln. Aus Sicht dieser an der Nachhaltigkeit besonders interessierten Betriebe ergänzen sich somit Zertifizierung und staatliche Regulierung und ersetzen einander nicht. Aus Perspektive der Weinproduzenten besteht jedoch die Gefahr, dass nachhaltige Regulierung durch Kostensteigerungen zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Jeder zweite Weinproduzent befürchtet den Wettbewerb durch Weinimporte aus Ländern mit geringeren Nachhaltigkeitsstandards und fordert einen Ausgleich in Form von Importbeschränkungen für nicht nachhaltigen Wein.
„Nachhaltigkeit ergänzt das Bio von morgen.“
Der ökologische Weinbau hat den Weg bereitet für mehr Nachhaltigkeit im Weinsektor. Die ganzheitliche Nachhaltigkeit geht einen Schritt weiter und umfasst auch Maßnahmen zur Verringerung von Treibhausgasen, der Einsparung von Wasser und Energie sowie der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit. Ein Großteil der befragten Branchenführer kann sich eine Zertifizierung der Nachhaltigkeit vorstellen oder ist bereits zertifiziert. Die Ergebnisse der Befragung zum ProWein Business Report deuten an, dass Nachhaltigkeit eine Ergänzung des „Bio von morgen“ sein wird. Diejenigen weinbaulichen Unternehmen, die sowohl ökologisch als auch nachhaltig zertifiziert sind, haben nach ihren Angaben bisher mehr Maßnahmen zur ökologischen Nachhaltigkeit durchgeführt, als ausschließlich ökologisch zertifizierte Unternehmen.
Eine nachhaltige Weinbranche gelingt nur dann, wenn alle Akteure über die gesamte Wertschöpfungskette zusammenarbeiten und mit ihrer Einstellung auch die Kunden vom Wert der Nachhaltigkeit überzeugen können. Dazu müssen der Weinhandel und die Gastronomie ihrer Rolle als Botschafter und Kommunikator der Nachhaltigkeit insgesamt noch stärker nachkommen und zum erfolgreichen Absatz von nachhaltigem Wein beitragen.
Die Studie wurde im Auftrag der ProWein vom Institut für Wein- und Getränkewirtschaft der Hochschule Geisenheim unter Leitung von Prof. Dr. Simone Loose und ihrem Team ausgeführt. Die Hochschule Geisenheim ist weltweit bekannt für Ihre Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Weinwissenschaft. Der berufsbegleitende MBA Kurs „Management in der Weinwirtschaft“ ist die neueste Ergänzung im Studienprogramm der Hochschule.
ProWein und die Hochschule Geisenheim freuen sich darauf, den ProWein Business Report auch in den kommenden Jahren erfolgreich weiterzuführen. Damit stellt die ProWein der Weinbranche ein weltweit einzigartiges Marktbarometer als längerfristige Zeitreihe zur Verfügung und gibt in jährlichen Sonderthemen Antwort auf wichtige Fragen der Branchen. Wir bedanken uns bei den Teilnehmern der Befragung und hoffen auch weiterhin auf rege Beteiligung der Produzenten und Vermarkter von Wein.
Auf Wunsch bekommt jeder Teilnehmer den ausführlichen ProWein Business Report kostenlos zur Verfügung gestellt.
Hinweis für die Redaktionen:
Hochauflösendes Bildmaterial zur ProWein finden Sie in unserer Fotodatenbank im Bereich „Presse Service“ auf www.prowein.de